Udo Hohenberger, Malerei und Grafik

Waltraud Schwarzhappel eröffnete am 13. März 2020 die Ausstellung „Graphik, Malerei“ mit neuen Arbeiten von Udo Hohenberger in der GPL-contemporary
In diesem Blogbeitrag werden den ausführlichen und erklärenden Worten von Waltraud Schwarzhappel Abbildungen der neuen Arbeiten von Udo Hohenberger eingewoben, die nun während der Quarantäne entstanden sind.

 

Freitag, 13. März 2020

Es ist eine grosse Freude die neuen Werke Udo Hohenbergers vor Augen zu haben. Gerade in Zeiten von Unsicherheiten und Ängsten ist das Eintauchen in schöpferisches Gestalten, das Verfolgen einer künstlerischen Spur, das Interesse an dem, was die Welt im Innersten zusammenhält, von besonderer Wichtigkeit und hat einen besonders heilsamen Wert.

Der in Kärnten geborene und seit langem in Wien lebende und arbeitende Künstler ist in der nationalen wie internationalen Kunstlandschaft längst kein Unbekannter mehr. Mit Ausdauer, Disziplin, permanenter kontinuierlicher künstlerischer und auch organisatorischer Arbeit hat Udo Hohenberger. bleibend und unumstößlich seinen Raum als überallhin sichtbarer Meister in der Kunstwelt etabliert, ausgedehnt und endgültig eingenommen. Er ist nun in der Mitte seines Lebens angekommen.

Nun ist Udo Hohenberger geradezu ein Paradebeispiel für eine gelungene künstlerische Entwicklung wenn sie sich dem „Flow“, dem Fluß des Lebens anvertraut hat, wenn sie mehr der Intuition folgt als dem Verstand und diesem nur jenen Platz beläßt der ihm als Arbeitshilfe zukommt. Anhand von Udo Hohenbergers Werk läßt sich dieser Entwicklungsprozeß wunderbar nachvollziehen und aufschlüsseln.

  1. Kopf. Intellekt/Verstand. Zunächst baut sich ein junger Künstler sein Verständnis der Welt aus allen Einzelteilen zusammen die er finden kann, additiv und konglomeratartig setzt er die Bestandteile zusammen. Er ist ein Suchender…

So absolviert Udo Hohenberger als Junger die Modeschulen in Villach und Wien-Michelbeuern, ist betont graphisch und entwurfsinteressiert und erweitert sein Studium an der Wiener Kunstschule im Bereich Graphikdesign und Malerei. Aktzeichenkurse an der Wr. Kunstschule bieten ihm daraufhin die Möglichkeit und Notwendigkeit sich ausgiebig mit Akt und Bewegungsstudien zu beschäftigen. An diesem unerschöpflichen Fundus an Körperformen, -und Gebilden, Körperlandschaften, Körperlinien, Körpervolumina und dem so erworbenen Körpersehen schult sich der junge Künstler nun unermüdlich.

 

  1. Brust. Emotion. Nun gilt es die Einzelteile miteinander zu verbinden, zusammenzufügen, zusammenzufassen zu einem Ganzheitlichen.

Udo Hohenberger sucht intuitiv nach der Verbindung zwischen dem Verstand und der Intuition, d.h. des graphischen Prinzips und der freien Malerei und sein stetiges, unermüdliches Arbeiten mit dem Körper, seine fundierte handwerkliche Grundlage, die dauernde Schulung des Sehens, seine Hingabe an den freien Fluß der Intuition, führt mit der Zeit zu immer exzellenteren Ergebnissen. Leidenschaftlich wirft er sich in diesen Gestaltungsprozeß, diszipliniert und fleißig, jeden Tag, oder besser jede Nacht- wieder und wieder. Aus dieser Arbeit, dieser täglichen Übung, entstehen meisterhafte Werke, denn der Dynamik dieser fließenden Hand kann sich niemand mehr entziehen …nicht einmal er selbst. Denn seine Hand zeichnet wie von selbst, drückt auf, läßt nach, fließt weiter- hält inne, treibt vorwärts, weiße Kreide verwischt die Schärfe schwarzer Linien, nun nimmt die Hand den roten Stift…es schält sich eine körperliche Form heraus , der nächste Körper wird ahnbar…aus ineinander,-u. übereinander gezeichneten Körperformen werden plastische Konglomerate, ineinander verkäuelt…die Bewegung des Körpers wird in unterschiedlichen Positionen übereinandergelegt und damit miteinander verschmolzen…

Er ist ein großartiger Graphiker, das Malerische ergibt sich aus dem Verwischen des Strichs und kleingesetzter Farbflächen, manchmal auch als breiter gestischer Zug, lasierend farbig oder weiß übermalt. Schicht um Schicht um Schicht – Raum entsteht, und damit Plastizität und Zeit, als dynamische Bewegung im Raum. Materie inkorporiert sich ins Dasein, Körpererinnerungen verwandeln sich in einen leuchtenden, brillanten, durchlichteten graphisch-malerischen Ästhetizismus.

Gleichzeitigkeit, Bewegung, Augenblick, Ewigkeit…alles aufeinmal …alles fällt in einen Augenblick, im Moment zusammen, verdichtet sich bis zum Urknall- Schöpfung entsteht… immer und immer wieder in jedem Augenblick… es ist ein Mysterium und gleichzeitig völlig offensichtlich. Die Verbindung ist geschaffen.

  1. Bauch. Ausdehnung. Das Erworbene wird erweitert, ausgedehnt, der Mensch erobert sich den Raum…erweitert ihn, er wird plastisch, voluminöser, baut ein Haus, gründet eine Familie, erweitert seine Existenz…

So stieg Udo Hohenbergers Werk der vergangenen Jahre auf als giganische graphische Kraft in einer schier atemlosen Bewegungsdynamik – als Tanz plastisch pulsierender Farbwolken und Körper im mächtigen Rhythmus des Lebens- als Pochen im Herzschlag kraftvollen Daseins- und als müßte dieses enorm bewegte Sein—das Leben, – mit äußerster Anstrengung gebändigt werden, erfordert es starke Konturen- die dieses innere Leben nahezu nicht zu fassen kriegen- es daher immer und immer wieder umspielen, einfangen, seiner raschen Bewegung nachhaschen… und diese ist von brachialer Rasanz, ein Moment folgt blitzartig dem nächsten – jeder wird sofort überlagert- die Geschwindigkeit verwischt uns in Auge und Bewußtsein die Grenzen. Diese müssen daher umso mächtiger sein und von einer dezidierten, enormen, graphischen Kraft. Mehr geht nicht.

– schöpferischer Atem- …..immer wieder-….verdichten-auslassen- einatmen-ausatmen

 

Seit 2002 arbeitete der Künstler nun unverkennbar so, wie wir ihn bis jetzt kennen.

  1. Beine. Die Entwicklung geht in die“ Leichte“…d.h..Das größte Ausmaß der körperlichen Ausdehnung ist überschritten, das Materielle wird weniger wichtig, Ballast wird abgeworfen, man reduziert sich auf das Wesentliche.

Mit Performances löst sich Udo Hohenberger langsam aber sicher aus seinen gewohnten Gestaltungsbahnen, die kraftvolle Gegenwart seiner Werke weicht- er löst sich von der körperlichen Inspiration und überläßt sich immer mehr dem Fluß einer von Musik inspirierten freien intuitiven Hand-( schrift)…er geht immer mehr ins Geistige, Unräumliche, in die Leichte und ins Abstrakte.

Um diese Entwicklung nachvollziehen zu können kann man einen Künstler immer nur mit sich selbst vergleichen.. Udo Hohenberger hat die Lebensmitte überschritten, das Ego ist etabliert, der Raum eingenommen…auch die Formate sind nun geschrumpft, das expressive, expansive Zeigen nicht mehr notwendig.

Der dichten, voluminösen körperlichen Leidenschaft und der unabdingbaren Präsenz eines plastifizierenden körperhaften Striches folgt nun ätherisch Feinsinniges, Unplastisches, Unräumliches, Zartes, Subtiles. Das Übereinanderlagern von räumlichen Körpern wird abgelöst durch gleichzeitig und parallel geführte verschiedenfarbige lineare Züge…eine faszinierende Methode um einen Körper in starker Bewegung und dennoch linear, durchscheinend, unplastisch, und dennoch 3D- artig erscheinen zu lassen. Denn davor war sein graphischer Strich selbst bereits Körper, war plastisch in seinem expressiven schwarzen, kräftigen An,-und Abschwellen…nun ist er zart, dünngraphisch, die Zeichnungen subtilste transparente Kalligraphie bis hin zum „Schrift“-Bild in welchem der Künstler sich mit dem Ausstellungsdatum Freitag der 13. spielt.

Udo Hohenbergers Werk hat uns bereits eingefangen sodaß wir ihm bereitwillig folgen …auch wir müssen uns hingeben, bereit sein mit ihm zu fließen , uns einzulassen…

Daher kann sich niemand (auch er selbst nicht- selbst wenn er wollte) einer Weiterentwicklung entziehen.. sie ist naturgemäß und folgerichtig wenn man sich dem Fluß des Lebens überläßt- und es ist genau dieser Flow -die Intuition – die uns absolut mit der Quelle verbindet und den Mind, den Verstand stillstellt.

Udo Hohenberger besitzt eine ihm dezidiert innewohnende Harmonie. Mag er noch so sprillig, unstet, stark bewegt, hektisch.hüpfend, rauchend, trinkend und vom Winde verweht erfahren und erlebt werden, so ist er doch als Ganzes als Person mit seinem Werk ein einziges Paket voll gehaltener Harmonie und Schönheit in seinem ständigen Bemühen die Polaritäten zu vereinen, Graphisches und Malerisches, Strich und Fläche, Materielles und Transzendentes, die Materie und deren Auflösung…

 

Abbildungen:
Beyhind the space, 2020, Acryl-Kohle / Leinwand, 130×120 cm
Unspoken, 2020, Acryl-Kohle / Leinwand, 130×150 cm
Commmunication, 2020, Originalzeichnung / Papier, 70×50 cm
Energy,  2020, Originalzeichnung / Papier, 40×30 cm

 

www.udo-hohenberger.com