Loretta Stats: I like to put time in a painting (David Reed)

Es sind verdichtete, nicht auf den ersten Blick einsehbare Welten, welche die Bildlandschaft prägen. Eine akribische Überlagerung von einzelnen Bild-, Text- und Farbschichten, basierend auf eine – im Entstehungsprozess dem Zufall überlassene – nicht mehr eindeutig lesbare Konstruktion, die zur Auseinandersetzung und Dechiffrierung fordert.

Die verwendeten Motive sind sowohl universell, dem alltäglichen Geschehen entnommen, wie auch biografische Exkurse, literarische Versuche, vorgefundenes Material in Form von Texten, Gedichten, Liedern. Das Interesse gilt keineswegs einer fotorealistischen Wiedergabe, einer Fixierung und Konservierung der bekannten, subjektiven Realität. Vielmehr geht es darum, die Grundlagen und Grenzen scheinbar starrer Anordnungen mittels einer Zerlegung, Dekonstruktion und schließlich einer Rekonstruktion, Stapelung, Verdichtung der Dinge, zu befragen. Es entsteht somit ein aus Zufall, Realität, Inhaltsverfremdung, Sarkasmus bestehendes Puzzle, welches unzählige – vormals zueinander fremde – Teile zusammenstellt und demnach neue Bezüge schafft. Vordergründig unbedeutende Details, seien es Knöpfe, Blätter, Finger, Muster, bis zur Unkenntlichkeit zerlegte Abbilder usw., werden über die gesamte Bildfläche verteilt und in einen fremden Rang gehoben. Dabei ist stets die Absicht vorhanden, während des Arbeitsprozesses keine Rücksicht auf die Ästhetik, auf das bereits „gut“ oder „schlecht“ Gemalte, zu nehmen, sondern die Bilder einfach entstehen zu lassen. Das was nach der Dekonstruktion der Dinge erhalten bleibt sind nur noch Linien, durch deren fast ausschließlicher Verwendung die Motive ihres ursprünglichen Inhaltes entleert werden, um Raum für eine voraussetzungslose Betrachtung auf das Labyrinth und die Komplexität des Entstehungsprozesses zu ermöglichen, um die Sehgewohnheiten zu hinterfragen.

Es handelt sich keineswegs um flüchtige Bekanntschaften; die Einheit definiert sich nicht durch vermeintliche Grenzen, die man mit Linien assoziiert, sondern durch das Zusammenspiel von Innen und Außen, durch das Ergebnis von aufeinander treffenden deformierten, zerstückelten, teils unsichtbaren Bildfragmenten. Dabei scheinen der Kombinatorik keine Grenzen gesetzt zu sein. So sprechen manche Bilder den Betrachter direkt – mittels ironischen, provozierenden Textelementen – an. Durch diese kommunizieren die Bilder auch untereinander.

Man könnte es auch als eine Analyse der Ordnung der Dinge verstehen, in einer veränderten Perspektive dargestellt, mit Blickpunkt auf bisher nicht beachtete Elemente; keine Zeitaufnahmen, sondern die Aufforderung zur Zeitnahme, um sich mit dem Werk auseinander zu setzen.

(Text: Loretta Stats)

Abbildungen:
(Beitragsbild): Stillstand #14,  2020, 80x80cm, Acryl/Leinwand
P.#15, 2014, 150x220cm, Acryl, Acrylglas/Leinwand
P.#14,  2013, 80x80cm, Acryl, Bleistift, Buntstift, Acrylglac, Folien, div.Stoffe/Leinwand

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