Josef Mikls Zyklus zu Nikolai Gogols Roman: Die toten Seelen, 1842

Josef Mikl’s (1929 – 2008) works on Nikolai Gogol’s satirical novel  „Death Souls“, 1842

 

Als Nikolai Gogols (1809 – 1852) erster Teil des Romans „Die toten Seelen“ 1842 publiziert wurde, erregte er unter Literaturkritikern und Schriftstellerkollegen sogleich breite Zustimmung, jedoch reagierten Konservative mit harscher Ablehnung. Die Geschichte der „Toten Seelen“ war ursprünglich als Trilogie geplant, jedoch verbrannte der Autor das fertige Manuskript des zweiten Bandes kurz vor seinem Tod 1852 und so konnte es nur mehr rekonstruiert werden bzw. liegt nur mehr bruchstückhaft vor.

When Nikolai Gogol’s (1809 – 1852) first part of the novel „Dead Souls“ was published in 1842, it immediately aroused widespread approval among literary critics and fellow writers, but conservatives reacted with harsh rejection. The story of „Dead Souls“ was originally planned as a trilogy, but the author burned the finished manuscript of the second volume shortly before his death in 1852 and so it could only be reconstructed or is only available in fragments.

In seinem satirischen Roman prangert Nikolai Gogol seine zeitgenössische, russische Gesellschaft an und führt vor allem die Großgrundbesitzer und das Beamtentum vor. Sein Roman birgt dabei einen realistischen, satirischen Seitenhieb auf das russische Recht, da nur alle zehn Jahre die Steuerlisten aktualisiert wurden, galten selbst bereits verstorbene Leibeigene noch als lebendiger Besitz. Da im damaligen Russland in der staatlichen Verwaltung, Leibeigene tatsächlich als „Seelen“ geführt wurden, mussten Großgrundbesitzer auch für bereits Verstorbene noch bis zur nächsten Aktualisierung der Register Steuern entrichten. Nikolai Gogols „Held“ Tschitschikow reist deshalb durch das zaristische Russland, um Gutsherren ihre „toten Seelen“ – die verstorbenen Leibeigenen – abzukaufen, sie in seine eigenen Geschäftsbücher zu übertragen und sie später teuer zu verpfänden. Die ehemaligen Besitzer sind erleichtert ihre Toten durch den Verkauf aus den Steuerlisten entfernt zu haben und Tschitschikow wird zum reichen Mann, da er bei den Banken Kredite für diese „Seelen“ geltend macht.

In his satirical novel, Nikolai Gogol denounces contemporary Russian society, particularly the large landowners and the civil service. His novel contains a realistic, satirical sideswipe at Russian law: since the tax lists were only updated every ten years, even serfs who had already died were still considered living property. Since in the state administration of Russia at the time, serfs were actually kept as „souls“, large landowners still had to pay taxes for those who had already died until the next update of the registers. Nikolai Gogol’s „hero“ Chichikov therefore travels through tsarist Russia to buy their „dead souls“ – the deceased serfs – from landowners, transfer them to his own business books and later pawn them at great cost. The former owners are relieved to have removed their dead from the tax rolls through the sale and Chichikov becomes a rich man as he claims loans from the banks for these „souls“.

Der satirische Roman war ein wichtiger Impulsgeber für eine überwiegend zwischen 1999 und 2001 entstandenen Serie von Josef Mikl, in der er einzelne Figuren sezierte, sowie Begebenheiten herausgriff und visualisierte. Kleine Papierarbeiten mit Tuschholz umgesetzt finden sich in dieser Werkgruppe genauso wie großformatige Ölbilder auf Leinwand.

The satirical novel was an important impetus for a series by Josef Mikl, mostly created between 1999 and 2001, in which he dissected individual figures and picked out and visualised incidents. This group of works includes small works on paper with ink wood as well as large-format oil paintings on canvas.

Zu Gogol – Tote Seelen, 1999, Tuschholz auf Bütten, 48 x 32 cm | To Gogol – Death Souls ,1999, ink on paper, 48 x 32 cm

Die intensive Auseinandersetzung mit Literatur war für Josef Mikl immer ein wichtiger Begleiter seiner Kunst und seines Lebens. So besass er eine umfangreiche Bibliothek, die mit zahlreichen Erstausgaben bestückt war. Josef Mikl galt nicht nur als ein sehr belesener, sondern auch kritischer Mensch. So fußen seine Glasfenster wie etwa das Fenster für die Kapelle am Kreuzberg (1975) auf Worte von Andreas Gryphius, jene für St. Margarethen (1965, 1970) und die Entwürfe für Ollersdorf (1981) auf Sören Kierkegaards Gedanken,  setze eine Radierungsserie nach Kierkegaars „Stille Verzweiflung“ um und konziptierte die Ausgestaltung des Großen Redoutensaales (1994 – 1997) als ein Manifest für die österreichische Literatur: Mit dem 404 m² großformatigen Deckenbild setzt er dem Gedicht „Jugend“ von Karl Kraus ein Denkmal und zitierte mit seinen 22 Wandbildern Stücke von Ferdinand Raimund, Johann Nestroy und Elias Canetti.

For Josef Mikl, an intensive engagement with literature was always an important companion to his art and his life. He owned an extensive library, which was stocked with numerous first editions. Josef Mikl was not only considered a very well-read person, but also a critical one. His stained glass windows, such as the window for the chapel on Kreuzberg (1975), are based on the words of Andreas Gryphius, those for St. Margarethen (1965, 1970) and the designs for Ollersdorf (1981) are based on Sören Kierkegaard’s thoughts, he realised a series of etchings based on Kierkegaar’s „Silent Despair“ and conceived the design of the Great Redoutensaal (1994 – 1997) as a manifesto for Austrian literature: With the 404 m² large-format ceiling painting, he created a monument to Karl Kraus‘ poem „Youth“ and quoted pieces by Ferdinand Raimund, Johann Nestroy and Elias Canetti with his 22 murals.

Seit Anbeginn seiner künstlerischen Tätigkeit verfasste Josef Mikl selbst satirische Schriften, wo er in Texten und Bildern seine Zeitgenossen mit Seitenhieben bedachte. Seine sogenannten „Kinderbücher“ und seine unzähligen Arbeiten zu seiner bekannteste Figur, der Journalistenfresserin Hawranek, waren öfters Gegenstand einzelner Ausstellungen oder Teil großer Werkpräsentationen. Einige seiner „Hawranek“- Geschichten wurden auch publiziert. 2018 widmete das Wien Museum MUSA seinen satirischen Arbeiten schließlich eine große Ausstellung und einen Katalog.

From the very beginning of his artistic career, Josef Mikl himself wrote satirical writings in which he poked fun at his contemporaries in texts and pictures. His so-called „children’s books“ and his countless works on his best-known character, the journalist-eater Hawranek, were often the subject of individual exhibitions or part of large presentations of his work. Some of his „Hawranek“ stories were also published. In 2018, the Wien Museum MUSA finally dedicated a large exhibition and catalogue to his satirical works.

Charakterisierungen von Künstlerkollegen genauso wie Stellungnahmen zu ihm wichtigen Themen verfasste er ebenfalls von Anbeginn an, die in Ausstellungskatalogen, Büchern und Zeitschriften publiziert wurden. In geschriebener Form wie auch das gesprochenen Wort waren Josef Mikl immer wichtig, so thematisieren doch auch immer wieder seine Arbeiten das „Gespräch“.

From the very beginning, he also wrote characterisations of fellow artists as well as statements on topics important to him, which were published in exhibition catalogues, books and magazines. The written word as well as the spoken word were always important to Josef Mikl, and his works repeatedly address the theme of „conversation“.

 

Skizzenblatt (zu Gogol), 2000, Öl auf Leinwand, 300 x 200 cm | Sketches (to Gogol), 2000, oil on canvas, 300 x 200 cm

 

Zu Gogol – Tote Seelen, 2002, Graphit, Tempera, 22 x 32,5 cm | to Gogol – Death Souls, 2002, graphit, tempera on paper, 22 x 23,5 cm

 

Der Hund Kopejkin im Amt, 1999 – 2000, Öl auf Leinwand, 200 x 200 cm | The Dog Kopejkin, 1999-2000, oil on canvas, 200 x 200 cm

 

Zu Gogol – Tote Seelen, 1999, Tuschholz, Aquarell auf Bütten, 16 x 24 cm

Homepage von Josef Mikl: www.josef-mikl.com
Mehr Arbeiten von Josef Mikl zu Nikolai Gogols „Tote Seelen“ | More works of the serie to Nikolai Gogols „Death Souls“:   https://www.josef-mikl.com/de/work/tote-seelen/

 

Zwei Figuren zu Tote Seelen (Gogol), 2000 – 2001, Öl auf Leinwand, 200 x 300 cm | Two figures to Death Souls (Gogol), 2000 – 2001, oil on canvas, 200 x 300 cm

 

(Text: Gabriele Baumgartner)

Beitragsbild: Zwei Figuren zu Gogol, 2001, Öl auf Leinwand, 200 x 150 cm

 

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